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Gutachten: Rasieren der Tasthaare bei Hunden ist in Österreich verboten |
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Bündnis aus Tierschutz, Veterinärmedizin und Wissenschaft unterstützt Position
Was
für Menschen eine Frage des Geschmacks ist, ist für Hunde ein No-Go:
Das Abschneiden, Scheren oder Rasieren der Tasthaare (auch Barthaare,
Sinneshaare im Fachjargon Vibrissen genannt) aus kosmetischen
Gründen ist ein unzulässiger Eingriff, der laut österreichischem
Tierschutzgesetz verboten ist.
 Vibrissen Zu diesem Ergebnis kommt ein
Gutachten, das die Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) aus aktuellem
Anlass in Auftrag gegeben hatte. Diese Position wird von einem breiten
Bündnis aus Tierschutz, Veterinärmedizin, Wissenschaft und
HundeverhaltensexpertInnen unterstützt.
Bei der Internationalen
Hundeausstellung in Graz (IHA) waren im vergangenen Jahr im Zuge der
amtstierärztlichen Kontrolle auch die Tasthaare der ausgestellten Hunde
überprüft worden. In mehreren Fällen wurde das Fehlen der
Vibrissen beanstandet, was das zuständige Veterinäramt als Verstoß gegen
das Tierschutzgesetz wertete. Diese Entscheidung sorgt bis heute
für rege Diskussionen. Das Vorgehen der AmtstierärztInnen vor Ort war
absolut korrekt, sagt Barbara Fiala-Köck, Tierschutzombudsfrau in der
Steiermark. Dass die Einschätzung der KollegInnen nun auch von
unabhängigen ExpertInnen bestätigt wird, sollte den BefürworterInnen der
Vibrissen-Schur zu denken geben. Das von Prof. Dr. Rudolf
Winkelmayer und DDr.in Regina Binder veröffentlichte Gutachten kommt zu
einem eindeutigen Ergebnis. Es wird die Auffassung vertreten, dass das
Abschneiden von Vibrissen bei Hunden aus tierschutzrechtlicher Sicht
verboten und aus veterinärfachlicher, biologischer und tierethischer
Sicht abzulehnen ist, sagt Eva Persy, Leiterin der
Tierschutzombudsstelle Wien. Eine Position, die von den
Tierschutzombudspersonen der Länder Wien, Kärnten, Niederösterreich,
Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, dem
Dachverband der Österreichischen Tierschutzorganisationen pro-tier,
der Österreichischen Tierärztekammer, der Prüf- und
Koordinierungsstelle Assistenzhunde und Therapiebegleithunde am
Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität sowie
der Vereinigung Österreichischer HundeverhaltenstrainerInnen (VÖHT)
geteilt wird. Persy: Unseres Erachtens gibt es hier keine
Zweifel: Wer seinem Hund alleine aufgrund von in Rassestandards
festgelegten Schönheitsidealen die Tasthaare entfernt, verstößt gegen
das Tierschutzgesetz. In dem Gutachten wird die wichtige
Funktion der Sinneshaare eingehend erläutert. Vibrissen [
] sind ein
wichtiger Teil des taktilen sensorischen Apparats bei nahezu allen
Säugetieren, außer beim Menschen, heißt es in dem 15-seitigen Dokument.
Zwar fehlt es bislang an seriösen wissenschaftlichen Studien
über die Bedeutung der Vibrissen speziell für Hunde, doch nach den
anatomischen Gegebenheiten bei Hunden und nach verhaltens- und
neurophysiologischen Daten anderer Säugetierarten, die mit Hunden
vergleichbar sind, kann man die Hypothese aufstellen, dass es sich bei
Vibrissen um Sinnesorgane handelt, die für die Tiere eine bestimmte
Bedeutung bzw. Funktion haben, schreiben Winkelmayer und Binder. So
wird den Tasthaaren eine wichtige Rolle etwa bei der Orientierung im
Dunkeln, bei der Wahrnehmung von Umgebung und Objekten sowie bei der
Kommunikation zugeschrieben. Laut Bundestierschutzgesetz sind
Eingriffe, wenn sie nicht therapeutischen bzw. diagnostischen Zwecken
oder der fachgerechten und rechtskonformen Kennzeichnung von Tieren
dienen, verboten. Ohne eine veterinärmedizinische Indikation dürfen
Eingriffe, die der Veränderung des phänotypischen Erscheinungsbildes
eines Tieres dienen und daher aus kosmetischen Gründen erfolgen, nicht
durchgeführt werden (§ 7 Abs. 1 TschG). Dass die
Tierschutzgesetzgebung das Entfernen der Vibrissen für
tierschutzrelevant erachtet, zeigt sich auch darin, dass bei Pferden das
Clippen der Tasthaare um Augen, Nüstern und Maul ausdrücklich verboten
ist (1. ThVO, Anlage 1). Eine unterschiedliche Bewertung der
Maßnahme bei Pferd und Hund könne sachlich nicht gerechtfertigt werden,
urteilen Binder und Winkelmayer im Gutachten. In Deutschland ist die
Gesichtsschur bei Hunden übrigens ebenfalls verboten. Wir hoffen
im Sinne der Tiere, dass das Bewusstsein für das bestehende Verbot der
kosmetischen Vibrissen-Schur unter HundehalterInnen, speziell bei den
HalterInnen besonders betroffener Rassen und in den jeweiligen
Verbänden, weiter zunimmt, so Fiala-Köck. Auch sollten bei
internationalen Hundeausstellungen TeilnehmerInnen aus anderen Ländern
im Vorfeld explizit auf die österreichische Gesetzeslage aufmerksam
gemacht werden, um hier unangenehme Situationen zu vermeiden. Persy
betont: Es muss für alle Beteiligten klar sein: Das ist keine
Pflege, das ist kein harmloses Frisieren, sondern ein nicht zu
rechtfertigender Eingriff am Tier. Das vollständige Gutachten finden Sie hier: www.tirup.at/periodical/titleinfo/4676208
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