ZZF-Symposium zum Tierwohl in der Heimtierhaltung |
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Wohlbefinden
bezeichnet den Zustand, in dem ein Lebewesen physisch, psychisch und
sozial im Einklang ist. Wie dieses Wohlbefinden bei Heimtieren erkannt,
beurteilt und nicht zuletzt verbessert werden kann, bildete das Thema
des ZZF-Symposiums am 9. und 10. November in Niedernhausen.
Zur
28. Fachtagung hatte der ZZF gemeinsam mit dem Bundesverband
praktizierender Tierärzte (bpt), dem Bundesverband der beamteten
Tierärzte (BbT) und dem Arbeitskreis Zoofachhandel & Heimtiere der
Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) eingeladen. Im Fokus
der Vorträge standen Tierwohlindikatoren in der Heimtierhaltung.

ZZF-Symposium zum Tierwohl in der Heimtierhaltung
Mehr
als Tierschutz nach Maßband: Dass Tierwohl über gesetzliche
Vorschriften und Mindeststandards hinausgeht, darin waren sich
ZZF-Präsident Norbert Holthenrich und die Vertreter der beteiligten
Verbände, Dr. Christine Bothmann (BbT), Dr. Nicole Lange (bpt) und Dr.
Andreas Franzky (TVT), bereits in ihren Grußworten einig.
Die
fundierten Vorträge des zweitägigen ZZF-Symposiums vermittelten
anschließend den 75 teilnehmenden Tierärzten und Zoofachhändlern
wichtige Indikatoren für das Tierwohl, ebenso wie Probleme bei der
Haltung und Versorgung von Heimtieren.
Die beiden beliebtesten
Heimtiere in Deutschland bildeten den Auftakt des ZZF-Symposiums: Dr.
Constanze Pape von der LMU München widmete sich in ihren Vorträgen der
Körpersprache von Hunden und Katzen. Die Tierärztin für
Verhaltenstherapie erläuterte anhand von Fallbeispielen, wie die
Vierbeiner bestimmte Bedürfnisse, Unbehagen, Stress oder Aggression
ausdrücken.
Da Tierhalter gerade kleine Signale ihrer Heimtiere
oft übersehen oder nicht im Kontext sehen, entstünden oft
Missverständnisse in der Mensch-Tier-Kommunikation. Hunde empfänden etwa
viele Zeichen der menschlichen Zuneigung als bedrohlich, Katzen seien
aufgrund ihrer wechselhaften und ambivalenten Signale noch schwieriger
zu lesen.

ZZF-Symposium zum Tierwohl in der Heimtierhaltung
Als Beutetiere drücken Kleinsäuger ihre affektiven
Zustände subtiler als Hunde und Katzen aus. Dr. Anna-Caroline Wöhr von
der LMU München zeigte daher typische Anzeichen für positive und
negative Emotionen auf, wie das Popcornen bei Meerschweinchen, also
freudvolle Sprünge, oder die von Tierhaltern häufig falsch
interpretierte Angststarre bei Kaninchen.
Die Fachtierärztin
für Tierschutz informierte auch über Indikatoren, physiologische
Parameter und Ansätze wie Grimace Scales, die Schmerzen bei
Kleinsäugern an Gesichtsausdrücken erkennen und messen lassen.
Welche
Rolle spielt Refinement für das Tierwohl bei Kleinsäugern? Paul Mieske
stellte hierzu seine Forschungen am Bundesinstitut für Risikobewertung
vor. Eine Erkenntnis der Studien zur Haltung von Mäusen: Das Refinement,
als Beispiele nannte Mieske ein tierschonendes Handling der
Versuchstiere oder kognitive Anreicherung, erhöht nicht die Varianz der
Versuchsdaten. Auf das Wohl von Heimtieren übertragen, sollten Halter
immer wieder Variationen anbieten und beobachten, was den Tieren
gefällt.
In Deutschland werden etwa 1.000 Arten als Ziervögel
gehalten, davon allein 400 Arten von Papageien. Eine tiergerechte
Haltung, machte Jürgen Hirt vom Bundesverband für fachgerechten Natur-,
Tier- und Artenschutz (BNA) deutlich, ist nur durch eine artspezifische
Umsetzung möglich.
Hinzu kommt, dass Vögel ausgesprochene
Individualisten sind und ihre Halter auch, wie der Diplom-Biologe
ergänzte. Mindeststandards zu definieren ist wichtig, aber nicht
ausreichend. Das Ziel sei immer die bestmögliche Haltung.

Sabrina Kolbe
Hühner
als Heimtiere im eigenen Garten liegen voll im Trend. Sabrina Kolbe vom
Veterinäramt Landkreis Landshut griff die private Haltung von Hühnern
mit Blick auf das Tierwohl auf. Ihr Vortrag beleuchtete Pflichten der
Tierhalter, Hühnerkrankheiten und Biosicherheitsmaßnahmen, dazu Aspekte
der Haltung wie Stallgröße, Sozialgefüge und Enrichment.
Am
zweiten Tag des ZZF-Symposiums griff Dr. Thomas Bartels
(Friedrich-Löffler Institut) zunächst weitere Aspekte des Tierwohls bei
der Haltung von Ziervögeln auf: Unzureichende Haltungsbedingungen sind
ein wesentlicher Faktor für tierschutzwidrige Missstände. Bartels wies
hierzu auf ungeeignete Haltungssysteme und Ausstattungen sowie
gefährliches, nicht-tiergerechtes Zubehör hin.
Als weiteres
Problem nannte er die Übertypisierung von einzelnen Merkmalen und ihre
Folgeschäden: Bei züchterischen Aktivitäten dürfen Gesundheit und
Wohlbefinden der anvertrauten Tiere nicht außer Acht gelassen werden.
Prof.
Dr. Michael Pees (Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover) zeigte
typische Fehler in Zucht, Haltung und Ernährung bei Reptilien auf. Ein
häufiges Problem bildet laut Pees die Mangelernährung, besonders der
Kalziummangel und die daraus resultierenden Metabolic Bone Diseases.
Auch fehlendes UV-Licht, zu geringe Luftfeuchte, falsches Bodensubstrat
und Fehler bei der Überwinterung können die Gesundheit der Reptilien
beeinträchtigen.
Das Tierwohl bei Fischen ist eine Herausforderung, fasste Dr. Henrike Seibel (Fraunhofer IMTE) zu Beginn zusammen.
Die
Gründe liegen unter anderem in der Diversität an Fischarten und ihrer
Haltung sowie in der Schwierigkeit, die tatsächlichen Bedürfnisse der
Fische einzuschätzen: Das Wissen darüber, was normal ist, ist
Voraussetzung, um beurteilen zu können, was falsch ist. Welche Methoden
sich bei der Gesundheitsbewertung einsetzen lassen, erklärte Seibel
anhand von Schwimmweise, Futteraufnahme und weiteren Beispielen.
Wer
ein Tier betreut, muss für angemessene Ernährung und Unterbringung
sorgen: Dass Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes auch für sogenannte
wirbellose Futtertiere gilt, verdeutlichte Dr. Ines Bolle (Bayrisches
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit).
Ihr
abschließender Vortrag des ZZF-Symposiums befasste sich mit der
Bedeutung des Tierwohls bei Arten wie Mehlwürmern, Heimchen oder Grillen
sowie der Umsetzung einer tiergerechten Haltung und Versorgung im
Zoofachhandel.
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