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Haustiere mit einem hohen Invasionsrisiko für Süßgewässer |
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Oft
genug werden Haustiere ausgesetzt, sobald sie lästig werden. Nicht nur
Hund oder Katze, sondern auch Süßwasserexoten. Das trägt wesentlich zur
Ausbreitung invasiver Arten bei.
Forschende unter Leitung des
Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben
für Deutschland die wichtigsten Risikoarten unter den aquatischen
Haustieren identifiziert und eine dreistufige Risikobewertung
entwickelt, die als Screening-Instrument und Grundlage für die
Gesetzgebung zur Beschränkung künftiger Freisetzungen unerwünschter
Haustiere dienen kann.
Die Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte hat weltweit gebietsfremde Bestände aufgebaut. Sie ist mittlerweile im deutschen Handel verboten. Auch andere Süßwasserarten haben ein hohes Invasionsrisiko. Dies ist auch nötig, denn die Studie zeigt, dass
97 Prozent der in Deutschland verkauften Süßwasserarten nicht heimisch
sind.Die Ausbreitung gebietsfremder Arten Tiere, Pflanzen und
andere Organismen, die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes
eingeführt werden ist eine der Hauptursachen für den Verlust der
biologischen Vielfalt. Viele dieser Arten stammen aus dem
Heimtierhandel. Dies gilt laut früherer Studien für etwa ein Drittel
aller invasiven Süßwasserarten. Für einige Arten wurde der Handel
daher schon verboten oder stark eingeschränkt, um eine weitere
Ausbreitung zu verhindern. So darf beispielsweise die Nordamerikanische
Buchstaben-Schmuckschildkröte, die früher häufig im europäischen
Heimtierhandel angeboten wurde, heute in der EU nicht mehr verkauft
werden. Diese Art ist inzwischen auf allen Kontinenten außer der
Antarktis verbreitet, da sie weltweit von Tierhalter*innen ausgesetzt
wurde. Eine zunehmend globalisierte Welt hat die Verbreitung
gebietsfremder Arten durch den schlecht regulierten internationalen
Handel mit Heimtieren erleichtert. Um die Bedrohung durch invasive Arten
einzudämmen, ist Prävention besonders wichtig. Dazu muss man die
Risikoquellen kennen und die Arten identifizieren, die am ehesten
eingeschleppt werden und sich im neuen Lebensraum etablieren können,
erklärt IGB-Forscher James W. E. Dickey, Erstautor der Studie. Arteninventar von Süßwassertieren im deutschen Handel Die
Forscherinnen und Forscher führten eine umfassende Analyse des Handels
mit Süßwassertieren in Deutschland durch und erstellten ein
Arteninventar. Dazu nutzte das Team drei Recherchekanäle: Erstens
direkte Befragungen in Berliner Zoofachgeschäften und Gartencentern,
zweitens deutschsprachige Internetseiten für Heimtiere und drittens
eBay-Kleinanzeigen (heißt nun kleinanzeigen). Für jede Art
ermittelten sie auf der Grundlage von Verfügbarkeit und Preis, wie
wahrscheinlich eine Freisetzung ist. Dabei gingen die Forschenden davon
aus, dass leichter erhältliche und billigere Arten ein höheres Risiko
haben, in falsche Hände zu geraten und freigesetzt zu werden. Im
nächsten Schritt ermittelten sie, welche Arten aufgrund der Breite ihrer
ökologischen Nischen und der Überlappung ihrer Nischen mit den
Umweltbedingungen in Deutschland die größte Wahrscheinlichkeit haben, zu
überleben und hier gebietsfremde Populationen zu bilden. 97
Prozent der verkauften Süßwasserarten sind nicht heimisch, 22 dieser
Arten wurden in Deutschland bereits in freier Wildbahn gefunden: Das
Team dokumentierte 669 Süßwasserarten im deutschen Handel, von denen
651 nicht heimisch waren. Fische waren mit 89,5 % aller Arten am
häufigsten vertreten, gefolgt von Weichtieren mit 4,3 %, Krebstieren mit
3,9 % (Garnelen: 2,1 %; Fluss- und Süßwasserkrebse: 1,8 %), Amphibien
mit 1,2 % und Reptilien mit 1,0 %. Zweiundzwanzig dieser Arten
wurden bereits in der freien Wildbahn in Deutschland gefunden. Einige
der Arten, wie der Froschwels (Clarias batrachus), stehen auf der Liste
der 100 der schlimmsten invasiven gebietsfremden Arten der Welt".
Andere, wie der Afrikanische Krallenfrosch (Xenopus laevis), auf der
EU-Liste der invasiven gebietsfremden Arten von gemeinschaftlichem
Interesse". Kleinanzeigen-Recherche: Viele Verkäufer*innen wissen
gar nicht, was sie anbieten. Größe und hohe Vermehrungsrate sind
Hauptgründe für Abgabe: Trotz der hohen Anzahl an Angeboten
konnten bei eBay-Kleinanzeigen die wenigsten Arten ermittelt werden.
Besorgniserregend ist die Häufigkeit, mit der in den Anzeigen grobe
Bezeichnungen anstelle von genauen Artnamen verwendet werden manchmal
so vage wie 'Tiere'. Dies verdeutlicht auch die Schwierigkeiten bei der
Regulierung informeller Online-Marktplätze", so Professor Jonathan
Jeschke, Abteilungsleiter am IGB und Letztautor der Studie. Die
Gründe für die Abgabe bei eBay-Kleinanzeigen waren vielfältig und haben
zum Teil mit der Reproduktion oder dem Wohlbefinden der Tiere zu tun:
Eine hohe Fortpflanzungsrate (am häufigsten), die Größe des Tieres im
Verhältnis zum Becken (am dritthäufigsten) und die Aggressivität
gegenüber anderen Tieren (am fünfthäufigsten) waren wichtige Gründe für
die Abgabe. Der zweithäufigste Grund deutet jedoch darauf hin,
dass auch die Ästhetik Vorrang vor der Affinität zu den Tieren haben
kann, da die Besitzer*innen ihr Aquarium umgestalten oder den
Tierbestand austauschen wollten. Unter den Hochrisikoarten für Deutschland sind der Goldfisch, der Guppy und die Nadel-Kronenschnecke: Auf
der Grundlage der gesammelten Daten sowie des ermittelten
Freisetzungsrisikos und der Überlebenswahrscheinlichkeit im neuen
Habitat entwickelte das Team eine dreistufige Risikobewertungsmethode. Wir
schlagen diese Methode für das Screening von kommerziellen Arten vor.
Damit könnte die Ausbreitung besonders risikoreicher Arten
möglicherweise eingedämmt werden, zum Beispiel durch besondere
Haltungsanforderungen oder den Preis", so James Dickey. Zu den
Hochrisikoarten für Deutschland gehören der Goldfisch (Carassius
auratus), der Guppy (Poecilia reticulata) und die Nadel-Kronenschnecke
(Melanoides tuberculata). Alle drei Arten haben eine lange
Invasionsgeschichte und wurden bereits in freier Wildbahn in Deutschland
gefunden. Goldfische sind eine Gefahr durch ihre hohe Nahrungsaufnahme,
ihr breit gefächertes Nahrungsspektrum und ihr Futtersuchverhalten, was
zu drastischen Veränderungen in den Gewässern führen kann, in denen sie
sich ansiedeln. Guppys sind nicht nur beliebte Haustiere,
sondern werden auch weltweit zur Mückenbekämpfung eingesetzt, und sie
können zu einem Rückgang auch anderer wirbelloser Arten führen. Die
Nadel-Kronenschnecke vermehrt sich ungeschlechtlich und kann in
gebietsfremden Lebensräumen große Dichten erreichen. Infolgedessen hat
sie einheimische Süßwasserschneckenarten verdrängt und ist auch ein
Zwischenwirt für Saugwurmparasiten, die eine Gefahr für die menschliche
Gesundheit darstellen. Die Autor*innen plädieren dafür, auch
denjenigen Arten besondere Beachtung zu schenken, die sich noch nicht in
Deutschland ausgebreitet haben, wie der Blutsalmler (Hyphessobrycon
eques) und der Papageienkärpfling (Xiphophorus variatus). Der
Handel mit Zierfischen ist unglaublich dynamisch, und es kommen ständig
neue Arten hinzu. Je nach Angebot und Nachfrage können sich auch die
Preise und die Verfügbarkeit der Arten ändern. Das bedeutet, dass die
Risiken, die mit jeder Art verbunden sind, schwanken, was eine gezielte
und langfristige Überwachung der Branche erforderlich macht", erklärt
James Dickey. Wir hoffen, dass Risikobewertungen wie unsere und
eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit dazu beitragen können,
die Freisetzung riskanter und potenziell gefährlicher Arten in
deutschen Gewässern zu reduzieren. Publikation Dickey, J. W. E., Liu, C., Briski, E., Wolter, C., Moesch, S., & Jeschke, J. M. (2023). Identifying potential emerging invasive non-native species from the freshwater pet trade. People and Nature, 00, 114
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